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Ikonographie der Monochromatik
Immanuel Kant: Als Vertreter des modernen Suffizienzgedankens geoutet
Bill Gates: Chronische Aggressionssublimierung bei der Anwendung von Windows 2000
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Eine polemische Attacke auf das Farb-Unwesen im Internet
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Kritik an der polychromatischen Unvernunft
Praktischer Kantianismus im Zeitalter des Internet
Eine philosophische Betrachtung des vulgären Farb-Unwesens
im Internet von Prof. Dr. Blaubart
Rund 220 Jahre ist es her, dass Immanuel Kant sein opus magnum "Kritik der
reinen Vernunft" zu Papier gebracht hat. Mit diesem Werk hatte Kant die
abendländische Philosophie nicht nur enorm bereichert, er hat sie sozusagen neu
buchstabiert. Denn Kant war es gelungen, die Dimensionen der Metaphysik zu
erweitern, weil er wie kein anderer Philosoph zuvor nach den Gründen der
Wirklichkeit forschte und diese Versuche mit der "Seefahrt auf einem weiten und
stürmischen Ozean" verglich. Um es hier a priori vorwegzunehmen: Kant wusste
selbstverständlich noch nicht, dass er mit diesem anschaulichen Bild eine
zeitlose Metapher schuf, die für das Internet-Surfen für alle Ewigkeit eine
unumstößliche Gültigkeit hat: Denn welch eine andere Tätigkeit als das Surfen im
Internet kann heutzutage besser mit einer "Seefahrt auf einem weiten und
stürmischen Ozean" verglichen werden?
Wir wissen, dass Kant ein wahrer Meister der Selbstbeschränkung war. Er konnte
z.B. noch so krank sein, mehr als zwei Pillen pro Tag schlucke er ums Verrecken
nicht. Zu seinen strengen Maximen gehörte auch eine geradezu pedantische Neigung
zur Pünktlichkeit und Regelmäßigkeit. So war er in jeder Beziehung ein großer
Feind von programmwidrigen Ereignissen. Hätte Kant noch die Arbeit am Computer
miterlebt, wäre er spätestens bei der Anwendung von Windows 2000 an chronischer
Aggressionssublimierung gestorben. Selbst in seiner intimen Privatsphäre war es
ihm zuwider, nach Willkür und Laune zu handeln. Nicht zuletzt war es dieser
etwas wundersam anmutende Wesenszug, der ihn dazu veranlasste, ein unbedingtes
Handlungsgebot zu finden, das für alle praktischen Situationen im Leben des
Menschen Gültigkeit besitzt. Dabei paarte sich das Genie der Pünktlichkeit und
Regelmäßigkeit mit dem Genie des messerscharfen Denkens und brachte nach diesem
homoerotischen Akt der eingeschlechtlichen Selbstbefruchtung den kategorischen
Imperativ zur Welt: sozusagen eine kantsche Hausgeburt, die im 18. Jahrhundert
schnell vom autistischen Wickelkind zum aufgeschlossenen Weltbürger par
excellence empor wuchs. So gab es in Deutschland und Europa keine philosophische
Diskussionsrunde, in der der kategorische Imperativ kein Gesprächsthema war.
Hätte Kant die Windows 2000-Version von Bill Gates doch überlebt, hätte er a
priori spätestens beim Eintritt ins Internet einen polychromatischen
Allergieschock erlitten. Für Kant war es eine allgemeine Lebensregel, sich nie
von jemandem zu einer Spazierfahrt mitnehmen zu lassen. Wir können uns schnell
ausmalen, dass ein willkürliches Herumsurfen im Internet für ihn der reinste
Horrortrip gewesen wäre. Rechnet man hinzu, dass er von der disharmonischen
Polychromie der Webseiten sehr wahrscheinlich dermaßen angewidert gewesen wäre,
dass er kategorisch beschlossen hätte, fortan nie wider diesen virtuellen Ort
der polychromatischen Barbaren zu betreten. Ja, von dieser konsequenten Haltung
müssen wir ausgehen. Denn wenn wir all unsere Wissen über ihn und seine
philosophischen Werke berücksichtigen, dürfen wir uns integererweise nichts
anderes vorstellen, als diese rigorose Reaktion, als diese kategorische Haltung
gegenüber dem vulgären Farb-Unwesen im Internet. Alles andere wäre a priori mehr
als unkantianisch einzustufen.
Aber Immanuel Kant wäre nicht er selbst, wenn er nicht anschließend ein
allgemein gültiges Handlungsgebot, einen kategorischen Imperativ für die
Farbgestaltung von Webseiten entwickelt hätte. "Was wir brauchen," so hätte er
sicherlich vom Katheder seiner Königsberger Universität gelehrt, "ist ein neuer
kategorischer Imperativ beim Gebrauch der Farben im Internet." Wegen seiner
allseits bekannten kritischen Urteilskraft wäre es durchaus denkbar, wenn er
sein unbedingtes Handlungsgebot folgendermaßen konkretisiert hätte: "Layoute
eine Website niemals so, dass beim Betrachter die Gefahr eines polychromatischen
Schockzustands besteht." Außerdem hätte Kant, so wie wir ihn kennen, a priori
folgende Postulate der praktischen Vernunft zur bestehenden Website-Landschaft
im Internet formuliert:
1. Bunte Webseiten ohne Inhalte bleiben grau und leer.
2. Anschauen kunterbunter Webseiten macht auf Dauer blind.
3. Weniger ist bei der Farbgestaltung von Webseiten mehr.
Denn kein anderer monochromophil veranlagte Philosoph als Immanuel Kant hatte
die klare Einsicht, dass Erkenntnis aus einer anschaulich-rezeptiven und einer
gedanklich-spontanen Komponente beseht. Anschauung war für Kant die durch
sinnliche Wahrnehmung vermittelte Präsenz von Gegenständen. Für ihn wäre die
empirische Evidenz polychromatischer Traktate im Internet a priori deutlich
geworden und hätte ihn spontan zu oben formulierten Postulaten veranlaßt.
Spätestens mit dem 3. Postulat "Weniger ist mehr" hätte sich Kant als ein
Vertreter des modernen Suffizienzgedankens geoutet. Das Internet braucht nämlich
in der Tat eine neue Kultur der Genügsamkeit. Das heißt nicht, das hier
moralinsauer der Verzicht gepredigt werden sollte. Im Gegenteil: Wir müssen den
Website-Gestaltern deutlich machen, das eine Beschränkung auf die Dominanzfarbe
Blau ("Farbe des grenzenlosen Raumes, der Farbe des Nachdenkens und des Traums")
oder eine Wiederentdeckung der unbunten Farben Schwarz, Weiß und Grau dem
Internet eine neue Strahlkraft verleihen würde. Ein bewusster Verzicht auf die
kunterbunte Boulevard-Kolorierung des Internets wäre auch im Sinne der
Philosophie von Immanuel Kant eine Bereicherung und eine echte ästhetische
Erbauungs-Leistung erster Ordnung.
Gesetzt den Fall, Kant würde in der Jetztzeit leben, würde er seinen Werken
"Kritik der reinen Vernunft" und "Kritik der praktischen Vernunft" a priori mit
hoher Wahrscheinlichkeit eine dritte Variante folgen lassen mit dem vielsagenden
Titel: "Kritik an der polychromatischen Unvernunft der Webseiten-Gestalter - Ein
Beitrag zur praktischen Vernunft im Zeitalter des Internet."
Prof. Dr. Ernst Blaubart
Direktor im Teuerpreis-Insitut
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