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Ikonographie der Monochromatik


Daniel Goleman: Wiedervereinigung von Herz und Verstand


Paul Gauguin: Transferierte emotionale Intelligenz künstlerisch in die zweite Dimension des Bildhaften


Pablo Picasso: Radikalisierte die Kunst der springenden Perspektive


Johann Wolfgang von Goethe: Der Anziehungskraft der Farbe Blau verfallen


Novalis: Berauschen und Beglücken mit der Symbolfarbe der Romantik


Rainer Maria Rilke: Geschichte der blauen Farbe in der Malerei aller Zeiten


Friedrich Hölderlin: Verloren ins weite Blau blicke ich oft


Friedrich Wilhelm Josef von Schelling: Liebte die blaue Farbe über alles

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Ergriffene Hingabe an die Farbe Blau
Ein monochromatisches Essay

Sie ist das Beste, was es in der Welt gibt.
Sie ist die Farbe aller Farben.
Die blaueste von allen blauen.

Pablo Picasso

Spätestens seit dem internationalen Bucherfolg von Daniel Goleman zum Thema "Emotionale Intelligenz" sind die engen Zusammenhänge zwischen Rationalität und Emotionalität hinreichend bekannt geworden. Golemans einfache Botschaft heißt: "Wer Erfolg im Leben haben will, muss klug mit seinen Gefühlen umgehen können und das 'emotionale Alphabet' beherrschen." Goleman spitzt seine Aussagen zu in dem Satz: "Was nützt ein hoher IQ, wenn man ein emotionaler Trottel ist?" Und er plädiert deswegen konsequenterweise für eine "Wiedervereinigung von Herz und Verstand".

Was sich einfach anhört, wir wissen es alle, ist in Wirklichkeit eine hohe Kunst. Und Kunst ist eine der anspruchsvollsten menschlichen Ausdrucksformen. Die Malerei ist ein typisches Beispiel für eine Kunstform, in der von je her Gefühle visualisiert werden. In der Malerei sind Motive, Formen, Linien, Farben, Licht und Schatten wichtige Ausdrucksformen, die die emotionale Befindlichkeit des Malers widerspiegeln und mehr oder weniger stark auf den Betrachter des Bildes einwirken können. In der modernen abstrakten Malerei des 20. Jahrhunderts haben Formen und Farben eine besondere Bedeutung erlangt. Das Gegenständliche, die Details treten in den Hintergrund oder verschwinden ganz. Was bleibt, sind häufig nur Formen und Farben, Licht und Schatten, einfache Ausdrucksformen, die uns aber stärker in ihren Bann ziehen können, als die konkrete Wiedergabe des Gegenständlichen.

Der große Maler Paul Gauguin sagte einmal: "Minderwertige Malerei entsteht durch den Anspruch, alles wiedergeben zu wollen; das Ganze versinkt in den Details, die Langeweile ist die Folge davon. Der Eindruck aber, der aus der einfachen Verteilung von Farben, Lichtern und Schatten hervorgeht, das ist die Musik des Bildes. Bevor man überhaupt weiß, was das Bild darstellt, ist man doch sofort ergriffen von dem magischen Akkord seiner Farben.“ Besser als Gauguin es tat, kann die emotionale Ergriffenheit, die vom Zusammenspiel der Farben, von ihrer alleinigen Aussagekraft ausgehen kann, nicht beschrieben werden. So können wir heute beim Anblick und Studium der klassischen Moderne sehr viel über die Macht der Farben lernen.

Gauguin war ein großer Meister der springenden Perspektiven, dem es scheinbar spielend gelang, verschiedene Realitätsebenen in einem Bild zu vereinigen. Diese Kunst wurde von Pablo Picasso aufgegriffen und radikalisiert und avancierte so zu einem entscheidenden Element in der Kunst des 20. Jahrhunderts. Gauguin war einer der ersten großen Maler, der mit "programmatischer Entschiedenheit" forderte, Empfindungen durch Abstraktion, durch Linie, Form und Farbe darzustellen. Insofern war Gauguin der erste Maler, der bewusst emotionale Intelligenz künstlerisch in die zweite Dimension des Bildhaften transferierte mit dem zusätzlichen Anspruch, dass seine Farben eine starke Analogie zur Musik hatten, denn er wollte "Musik in Farbe" machen. So ist es ihm gelungen, mit einfacher Pinselführung den visuellen Rhythmus und die Klangfülle einer polyphonen Orchester-Symphonie zu entfachen. Wobei, es sei an dieser Stelle wiederholt, die differenzierte Aussagekraft von der einfachen Verteilung von Farben, Lichtern und Schatten ausgeht. Hier steht die Selbstbegrenzung, die Beschränkung auf das Wesentliche im Vordergrund, um eine hintergründige, tiefe Wirkung in den Bildern erzielen zu können. Die Bilder von Gauguin vermitteln jene Sehnsucht nach exotischen Erlebnissen, nach der Suche der klangreinen Farbe und der harmonischen Form, die ihn schließlich weit weg von Europa in die Südsee getrieben hat. Gauguin kontrastierte die exotischen Schönheiten, die er oft in seinen Bildern in warmen Gelbtönen malte, mit blauen Einrahmungen und Hintergründen, wohl wissend, dass keine andere Farbe wie das Blau die Sehnsucht, die melancholische Suche nach der Erfüllung unserer Träume in uns weckt.

Dieser Anziehungskraft der Farbe Blau war auch Goethe verfallen, weshalb er sich in seiner Farbenlehre schwärmerisch und in poetischer Manier der Farbe blau hingab: "Diese Farbe macht für das Auge eine sonderbare, fast unaussprechliche Wirkung. Wie wir einen angenehmen Gegenstand, der vor uns flieht gern verfolgen, so sehen wir das Blau gern an, nicht weil es auf uns dringt, sondern weil es uns nach sich zieht." So ist es beileibe kein Zufall, dass die Farbe Blau zur Symbolfarbe der Romantik wurde. Novalis kam nicht umhin, seinen Romanhelden "Heinrich von Ofterdingen" mit der Farbe Blau zu berauschen und zu beglücken.

Rainer Maria Rilke wurde vor den Gemälden im Salon d´Automne (1907) nachdenklich und stellte sich vor, wie jemand die Geschichte der blauen Farbe in der Malerei aller Zeiten schreiben würde. Pablo Picasso schrieb in einem seiner Gedichte im Jahr 1930: "Sie ist das Beste, was es in der Welt gibt. Sie ist die Farbe aller Farben... Die blaueste von allen blauen." Hölderlin war fasziniert von der Ausstrahlung der Farbe Blau: "Verloren ins weite Blau, blicke ich oft hinauf an den Äther und hinein ins heilige Meer, und mir ist, als öffnet ein verwandter Geist mir die Arme, als löste der Schmerz der Einsamkeit sich auf ins Leben der Gottheit." Der Philosoph Schelling liebte die blaue Farbe über alles. Kandinsky konstatierte: "Blau ist die typisch himmlische Farbe. Sehr tief gehend entwickelt Blau das Element der Ruhe."

Die poetische Kraft der Farbe Blau, die tiefen Gefühle und Sehnsüchte, die durch sie geweckt werden, ihre räumliche und zeitliche Dimension prädestinieren Blau heutzutage für den universellen Einsatz bei der wohltemperierten Farbwiedergabe in den elektronischen Medien. Denn hier geschieht mit den übrigen Farben eine sonderbare Wandlung. Durch die aufdringliche Leuchtkraft der Elektronik wird die originäre Wirkung der Farben vor allem auf Computerbildschirmen stark verändert und verfälscht und zum Teil ins Gegenteil verkehrt. Grün wird giftig, Rot wird knallig, Gelb wird kitschig. Nur Blau lässt sich offensichtlich nicht korrumpieren und behält würdevoll seine ursprüngliche Ausstrahlung.

Anscheinend besitzt Blau die in sich wohnende Fähigkeit, die widernatürliche Leuchtkraft der Bildschirme zu kompensieren, um so seinen unbestechlichen Charakter bewahren zu können. Blau bleibt bei der Bildschirmwiedergabe subtil und zurückhaltend. Während Rot, Grün und Gelb durch aufdringliches, lautes und mitunter aggressives Hervortun auffallen, strahlt Blau Ruhe und Gelassenheit aus. Blau ist deshalb für das Layouten von Internet-Präsentationen die seriöse und sachliche Hintergrund- und Vordergrundfarbe schlechthin. Auch wenn viele Webseiten-Layouter es mit der Verwendung kunterbunter Boulevard-Kolorierung gut meinen: Gut gemeint ist in diesem Fall aber das Gegenteil von gut.

Deshalb wird hier die eindringliche Bitte an alle Webseiten-Layouter gerichtet: Schwört ab dem vulgären Farb-Unwesen im Internet. Kehrt zurück zur Farbe der Ruhe und der Sehnsucht. Verwendet Blau, die Farbe der Dichter und Denker, die Farbe der Unendlichkeit und Tiefe und Ihr macht alles richtig. Die Schlussfolgerung des eingangs zitierten Erfolgsschriftstellers Daniel Goleman lässt sich in diesem Zusammenhang konkretisieren: Wer Erfolg im Leben haben will, muss nicht nur klug mit seinen Gefühlen umgehen können, sondern muss auch klug mit Farben umgehen können. Denn Farben sind visualisierte Gefühle. Folgen Sie deshalb dem magischen Akkord der Farbe Blau.


Prof. Dr. Ernst Blaubart
Direktor im Teuerpreis-Insitut